Die Andacht zum heiligsten
Herzen Jesu geht nicht dahin, dass man bloß ein Bildnis diesen heiligsten
Herzens vor Augen habe, bei dessen äußerlichen Verehrung sich aufhalte oder gar
wohl nur sein körperliches Herz verehre, sondern dass man den Geist und die Gedanken
zum Mensch gewordenen Sohne Gottes, zu Jesus Christus selbst, erhebe und bei
sich betrachte, was der göttliche Erlöser aus freiwilligen Antreibe seines
Herzens getan und gelitten habe, und was er noch täglich im heiligen Sakramente
des Altars für uns tut und leidet.
Durch diese Andacht will die
heilige Kirche den Gläubigen die heiligsten Anmutungen. Begierden und
Bewegungen seines Herzens deutlich offenbaren, durch welche er seinen himmlischen
Vater geehrt, die Gläubigen geheiligt und sic selbst den Menschen als das
vollkommenste Muster der höchsten Heiligkeit vorgestellt hat. Diese
Herzensregungen Jesu Christi sind ein brennender Eifer für die Ehre seines
Vaters, eine unermessenen Liebe zu den Menschen, die tiefste Demut und
Erniedrigung, eine unüberwindliche Geduld, eine gänzlich Aufopferung und
Hingabe seiner selbst in den Willen des Vaters, eine ewige Anbetung, Danksagung
und Lob der höchsten Majestät Gottes u.s.w. Alle diese Regungen und Anmutungen
waren in dem heiligsten Herzen Jesu schon im ersten Augenblick seiner
Menschwerdung, belebten sein Herz bir zum letzten Augenblick am Kreuz, und
beleben sein Herz im heiligsten Sakrament dir an das Ende der Welt, sowie sie
es die ganze Ewigkeit hindurch beleben werden.
Ist die gottmenschliche Person
Christi anbetungswürdig, dann ist es ohne Zweifel auch sein Herz. Da wir das
Blut Christi als unendlich wertvollen Preis unserer Erlösung verehren und
anbeten, wie sehr müssen wir dann nicht jenes Herz verehren und anbeten,
welches der Sammelplatz und die Quelle jenes kostbaren Blutes gewesen ist.
Die Menschen werden zur Kenntnis
und Liebe unsichtbarer Dinge am meisten durch sichtbare Vorstellungen bewogen;
deshalb hat der göttliche Heiland seiner Dienerin, der ehrwürdigen Maria
Margaretha Alacoque († 1690), befohlen, seine unermessliche Liebe zu den
Menschen unter dem Bildnisse eines Herzens vorzustellen, das mit Feuer und
Flammen umgeben sei, die offene Herzenswunde und ringsum die Dornenkrone samt einem
oben auf dem Herzen befindlichen Kreuz trage. „Diese Werkzeuge meines Leidens“,
sagte er zu ihr, „zeigen an, dass die unermessene Liebe, die ich zu dem
Menschen getragen, die Ursache waren meiner erduldeten Schmerzen und
Bedrängnisse, sowie auch der großen Schmach und Beschimpfung, die ich im
Sakrament des Altares vom selber Zeit an leiden muss und bis an das Ende der
Welt leiden werde.
Ich will, das die Menschen mich
vollkommen lieben, und deshalb bin ich gesinnt
ihnen mien Herz vor Augen zustellen, und alle Schätze meiner Liebe und
Barmherzigkeit zu eröffnen, auf das all diejenigen, welche dies Herzverehren
wollen, von dessen Reichtümern sich anfüllen. Ich verlange, dass dieses
sichtbare Sinnbild meiner Liebe den Menschen öffentlich vorgestellt werde,
damit durch dessen Anblick ihr unempfindliches Herz erweicht und ihr kaltes
Gemüt mit meiner Liebe erfüllt werde.“
Man soll also in Jesu Christo
das heilige Herz ansehen und verehren als den Sitz aller heiligen Begierden und
Anmutungen, als den Ursprung aller unendlich großen Tugenden, als die
Schatzkammer aller Gnaden, als das Werkzeug unseres Heiles und als das
vollkommenste Vorbild aller Herzen.
Quelle: „Herz-Jesu-Andacht für
den Monat Juni“, von mehreren katholischen Geistlichen Bearbeitet, Dülmen bei
Münster i. W., A. Laumann’sche Verlagshandlung und Buchdruckerei (Fr. Schnell),
1890.
Widmung: „Makellos empfangene
Jungfrau Maria, deinen Händen sei dies Büchlein anvertraut. Übergib es deinem
göttlichen Sohne mit der Bitte, dasselbe möge dazu beitragen, dass sein
liebevolles Herz immer mehr erkannt und wiedergeliebt werde und viele und treue
Nachahmer finde!“
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