Für ein gläubiges Herz kann es kein erhebenderes Schauspiel
geben als eine Marienwallfahrt nach Fatima. Schon vom Vortag an gleichen alle
Straßen und Wege und Pfade Flüssen, deren Wasser gegen die Cova da Iria
strömen.
Wenn man inmitten einer der Staubwolken, die alles
einhüllen, stehenbleibt, um einen dieser Ströme zu betrachten, glaubt man eine
endlose Prozession vor sich zu haben, so groß ist die Andacht, mit der diese guten Leute den
Rosenkranz beten und fromme Lieder singen. Doch gleichzeitig meint man einer
folkloristischen Schaustellung beizuwohnen, die uns alle Volkstrachten
Portugals und alle nur erdenklichen Verkehrsmittel vorführt. Endlos sind die
Reihen, die an uns vorbeiziehen; jedes Alter und jeder Stand, jede soziale
Klasse ist vertreten. Die meisten kommen zu Fuß; manche wandern 24, 48 und mehr
Stunden; im Mai 1931 legte eine kleine Gruppe in neun Tagen 300 Kilometer zu
Fuß zurück. Andere kommen zu Pferd, in Wagen, Lastwagen, Autos, Autobussen, ja
sogar auf Ochsenkarren, die sich langsam ihren Weg durch das Getümmel bahnen.
Der Menschenstrom mündet in die Erscheinungskapelle: jeder
will dort die Madonna Grüßen und sein Versprechen erfüllen. Und Maria steht
dort in einer Ecke der Kapelle und empfängt alle ihre Kinder mit mütterlicher
Liebe; kennt sie doch jeden von ihnen und wartete schon auf sein Kommen. Doch
auch die Pilger kennen gar gut die Mutter. Mit inbrünstigen Glauben, mit
Freudenträumen in den Augen begrüßen sie sie, schütten ihr Herz aus, erbitten
ihre Hilfe, ja sie möchten ihr die Gnaden gleichsam anbringen. Die Eltern heben
ihre Kinder empor, damit sie das Gnadenbild mit den Händchen erreichen, es
küssen können, alle wollen ihren Rosenkranz und eine Menge Andachtsgegenstände
daran anrühren, die sie dann gleichsam ausgestattet mit einer übernatürlichen
Kraft, als Andenken mit nach Hause nehmen wollen.
Viele Männer und Frauen, oft ganze Familien, machen auf den
Knien die Runde um die Kapelle, um ein Versprechen einzulösen, um Gnaden zu
erlangen oder für schon gewährte Wohltaten zu danken; es ist das kein geringes
Opfer inmitten dieses Gedränges, das dichter ist als ein Bienenschwarm, so das
die Knienden, wenn auch ungewollt, doch ganz unvermeidlich gestoßen und
getreten werden; oft ist ihr Weg von Blut gezeichnet, denn die scharfen Steine
zerreißen die Knie.
Quelle:
Maria spricht zur Welt – Geheimnis und Weltgeschichtliche Sendung aus Fatima –
L. Gonzaga da Fonseca – Tyrolia-Verlag – Innsbruck – Wien - München
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