12.10.2019

Eine marianische Geschichtstheologie




Gesegnet hat der Herr deine Macht,
weil er durch dich zunichte machte Seine Feinde.
(Judith 13.22)

Maria aber steht faktisch nicht erst seit heute im Zentrum des Kampfes, sondern sie ist seit den ersten Tagen der Menschheitsgeschichte dem Bösen zum Widerpart gesetzt, da sie von Gott zur Mutter Christi bestimmt ward — eine Tatsache, die von großer symbolischer wie realer Bedeutung ist. Nur dass ihr Bild in den ersten Jahrhunderten nach Christus durch die Vorsehung noch verhalten war, um dafür im Mittelalter und zumal in der Neuzeit um so kraftvoller aufzuleuchten. Schon mit der Erschaffung des Menschen hebt der gigantische Widerstreit an. Die Auflehnung Luzifers gegen Gott war nichts anderes als das erste Aufbegehren eines Geschöpfes gegen den Ratschluss Gottes, dass Christus, der Heilbringer der Menschheit, aus Maria, einem Menschen geboren werde. Dem obersten der gottgetreuen Engel, dem Erzengel Michael, blieb es vorbehalten, Luzifer darob in die Gottesferne der Hölle zu stürzen: Sankt Michael, der Fürst der himmlischen Heerscharen, zu deren Führerin Maria gesetzt ist.
In die irdische Geschichte aber trat der Kampf gegen Gott mit der Erschaffung des ersten Menschenpaares und seiner Verführung durch Satan. Adam und Eva wurden - welch tiefer Sinngehalt — ob ihrer ersten Sünde, die Rebellion gegen Gottes Gesetz war, aus dem Paradies vertrieben. Sogleich aber wird der Menschheit die große messianisch-marianische Verheißung verkündet, in der die Mission Mariens wunderbar aufleuchtet: «Feindschaft will ich setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deiner und ihrer Nachkommenschaft; sie wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihrer Ferse nachstellen (Gen 3,15).
Das geschichtsphilosophische  Bild der Genesis ist bereits grundlegend marianisch — und in Maria naturgemäß christozentrisch — bestimmt, denn aus der Nachkommenschaft des Weibes, d.i. Marias, soll Christus der Sieger hervorgehen. Wir berühren hier zugleich die Fundamente Grignionischer Geschichtsauffassung, der allerdings der Gottestaat eines Augustinus vorangegangen ist, aus dessen Geist ein volles Jahrtausend christlicher Geschichte gestalt genommen hat.

Quelle: Johannes Maria Höcht: „Fatima und Pius XII. – Maria Schützerin des Abendlandes“. Credo-Verlag Wiesbaden, 1959

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