Bald brachen die Tage der Trübsal über die Kinder herein und
zu den freiwilligen Opfern gesellten sich die noch schwereren Kreuze äußerer
Leiden. Bei jedem einzelnen fragte Jacinta ihre Gefährten:
„Habt ihr Jesus gesagt, dass ihr es aus Liebe zu ihm
ertragt?“
Wenn sie mit Nein antworteten, faltete die Kleine mit
engelhafter Einfalt die Hände, erhob die Augen zum Himmel und sprach:
„O Jesus, aus Liebe zu dir und für die Bekehrung der
Sünder.“
Lucia war es, die körperlich und seelisch am meisten zu leiden hatte. Wenn es vorkam, dass sie wegen
der Verfolgungen, die sie in und außerhalb der Familie zu erdulden hatte,
niedergedrückt war, bemühte sich Francisco, ihr Mut zu machen:
„Kümmere dich nicht darum! Hat uns nicht die Madonna gesagt,
dass wir viel zu leiden haben würden, um dem Herrn und dem Unbefleckten Herzen
Mariens Genugtuung zu leisten für die vielen Sünden, durch die sie beleidigt
werden? Sie sind so betrübt! . . . Wenn wir sie mit diesen Leiden ein wenig
trösten können, müssen wir zufrieden sein.“
Eines Tages empfahlen zwei fromme Priester den drei Kleinen,
für den Heiligen Vater zu beten. Jacinta wollte wissen, wer der Heilige Vater
sei und warum er Gebete braucht. Gern wurden alle ihre Fragen beantwortet.
Von diesen Augenblick an hatten alle drei eine so große
Verehrung für den Heiligen Vater, dass sie niemals vergaßen, der Aufopferung
ihrer Abtötungen hinzuzufügen: „. . . und für den Heiligen Vater.“ Sie machten
es sich zur Gewohnheit, am Ende jedes Rosenkranzes drei Ave Maria für den
Heiligen Vater zu beten. Jacinta beteuerte oft:
„O wie gern möchte ich den Heiligen Vater sehen! Es kommen
so viele Leute hierher und der Heilige Vater kommt nie!“
Irgend jemand sagte — ich weiß nicht, bei welcher
Gelegenheit —, es wäre möglich, dass Lucia nach Rom gerufen würde, um von
Seiner Heiligkeit einvernommen zu werden. Eine größere Freude hätte man dem
Mädchen nicht bereiten können, aber auch den Geschwisterkindern keinen größeren
Schmerz; mit Tränen in den Augen sagten sie:
„Du Glückliche! Wir können nicht hingehen! . . . Doch wir
opfern es für ihn auf.“
In Jacintas Lebensbeschreibung sind zwei Vorfälle
festgehalten, die von ihrer großen Liebe zum Heiligen Vater Zeugnis geben.
Das Kind blieb einmal allein beim Brunnen zurück, während
Lucia und Francisco in einem nahen Dornbusch wilden Honig suchten;
plötzlich hörten sie die Kleine rufen:
„Lucia, Lucia, hast du den Heiligen Vater gesehen?“
„Den Heiligen Vater? . . . Nein.“
„Ich weiß nicht, wie es war; aber ich habe ihn in einem sehr
großen Hause gesehen; er kniete vor einem Tischlein, hatte das Gesicht zwischen
den Händen und weinte. Draußen waren viele Leute; manche warfen Steine, andere
schrien Verwünschungen und hässliche Worte . . . Armer Heiliger Vater!“
Als dann jene zwei Priester vom Heiligen Vater sprachen,
sagte Jacinta zu ihren Gefährten:
„Ach, das ist der, den ich habe weinen sehen und von dem die
Dame in dem Geheimnis gesprochen hat, nicht wahr?
Sicher hat ihn die Dame auch diesen hochwürdigen Herren
gezeigt. Ihr seht also, dass ich mich nicht geirrt habe und dass man deshalb
viel für ihn beten muss.“
Während sie einmal in der Berggrotte die Gebete des Engels
verrichteten, sprang Jacinta plötzlich auf und rief die Cousine:
„Schau! . . . Siehst du nicht die vielen Straßen und Wege,
die Felde, voll von Leuten, die vor Hunger weinen und nichts zu essen haben? .
. . Und den Heiligen Vater, wie er in einer Kirche vor dem Unbefleckten Herzen
Mariens betet? Und so viele Leute, die mit ihm beten? . . .“
Sie fragte dann, ob sie erzählen dürfte, dass sie den
Heiligen Vater gesehen habe; doch Lucia riet ihr ab, aus Besorgnis, dass sonst
ein Teil des Geheimnisses erraten werden könnte.
Quelle:
Maria spricht zur Welt – Geheimnis und Weltgeschichtliche Sendung Fatimas – P.
Prof. Dr. L. Gonzaga da Fonseca – Tyrolia-Verlag – Innsbruck – Wien – München
Bild Jacinta: Aus P. Fernadno Leite SJ: „Mein Name ist Jacinta“. Hgb: „Deutschkand braucht Mariens Hilfe“ DVCK e.V., Frankfurt, 5. Auflage 2009. Zeichnung von José Roberto Dias Tavares.
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