„Fronleichnam“ ist ein altdeutsches Wort und heißt soviel
wie „Leib des Herrn“. Das Fronleichnamsfest ist also ein Fest zu Ehren
des Leibes des Herrn, wie es im heiligsten Altarsakrament zugegen ist.
Die Erinnerung an
die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes wurde zwar von den Zeiten der
Apostel an immer am Gründonnerstag gefeiert. Aber am diesem Tage ist die Kirche
vorzugsweise mit der Betrachtung des Leidens Jesu beschäftigt und in Trauer
versenkt; darum ist in dieser Zeit eine angemessene Feier dieses großen
Geheimnisses nicht möglich,. Gott, der sich gewöhnlich schwacher Werkzeuge
bedient, um seine Absichten zu erfüllen, offenbarte in der Mitte des
dreizehnten Jahrhunderts einer armen Klosterfrau in Lüttich, der heiligen
Juliana, dass zur Verherrlichung des heiligsten Altarsakramentes ein eigenes
Fest gefeiert werden sollte. Infolgedessen wurde das Fronleichnamsfest im Jahre
1246 im Bistum Lüttich eingeführt, im Jahr 1264 aber von Papst Urban IV.
(1261-1264) auf die ganze Kirche ausgedehnt und am ersten Donnerstag nach de
Pfingstoktav zu feiern befohlen.
Dieses Fest wird besonders ausgezeichnet durch die
feierliche Fronleichnamsprozession. Das Allerheiligste wird mit möglichst
großer Feierlichkeit unter Glockengeläute und das Singen von Lobgesängen durch
die öffentlichen Straßen getragen, begleitet von der Geistlichkeit im Ornate
und dem gläubigen Volke im Festgewand. Wege und Häuser sind in mannigfache
Weise geschmückt. In deutschen Landen werden im Freien nach den vier
Himmelsrichtungen hin Altäre errichtet, an denen die vier Evangelien gesungen
werden und jedes Mal am Schluss der sakramentale Segen erteilt.
Die Prozessionen werden gehalten: 1. Um den Glauben an
die wirkliche und wesentliche Gegenwart Jesu im heiligsten Altarsakrament
öffentlich zu bekennen; 2. um denjenigen, vor dem alle Knie sich beugen sollen,
im Angesicht des Himmels und der Erde Ehrfurcht und Anbetung zu erweisen; 3.
um öffentlich Gott Dank zu sagen für die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes
und für alle durch dasselbe den Gläubigen zufließenden Gnaden; 4. um die in
diesem heiligsten Sakrament Christus zugefügten Unbilden durch feierliche
Anbetung einigermaßen gutzumachen; 5. um den Segen Gottes über Land und Leute
herabzuflehen.
An den vier Altären werden die vier Evangelien gesungen,
um anzudeuten dass die Lehre vom Altarsakrament in den Evangelien begründet
ist, und das die Kirche aus diesem Sakrament die Kraft schöpft, das Evangelium
in der ganzen Welt auszubreiten und in den einzelnen Christenherzen wirksam zu
machen.
Quelle: „Unterricht für das hochheilige
Fronleichnamsfest“, in Katholische Handpostille von R. P. Leonhard Goffiné,
Verlagsanstalt Benziger & Co. K.G. Einssiedeln. Vermutlich 1896, S. 209ff.
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