16.08.2018

Zeichen der sicheren Hoffnung



Zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel
P. Anselm Günthör OSB
Der französische Dichter und Philosoph Sartre hat die Ansicht geäußert, der Mensch sei „ein unnützes Leiden“. Die Welt hat er als eine „misslungene Welt“ bezeichnet. Aus dieser Anschauung hat er die Folgerung gezogen, es sei ungeheuerlich und gefühllos, einem Kind das Leben zu schenken. Damit würde nur die misslungene Welt im Dasein erhalten. Es sei ein Glück, wenn man am Ende des Lebens sagen könne: Ich lasse keinen zurück, der das menschliche Leid fortsetzen muss.
Der Dichter und Philosoph, der diese Äußerungen getan hat, war Atheist. Die Leugnung Gottes stand im Mittelpunkt seines Denkens. Er hat in seinen Werken auch nie den Namen „Jesus Christus“ ausgesprochen. Der Mensch ist daher für ihn der völlig Einsame, ohne Schöpfer und ohne Erlöser. Er steht im Dunkel. Es fällt auf ihn kein Licht des Glaubens. Wo das Licht des Glaubens erlischt, kommt der Mensch - die Erfahrung unserer Tage bestätigt es - zu einer solch pessimistischen Beurteilung der Welt und seines eigenen Daseins. Er nimmt Stellung gegen sein eigenes Leben.
Im Fest der Aufnahme Mariens mit Seele und Leib in den Himmel liegt die einem solchen Pessimismus völlig entgegengesetzte Antwort auf die Frage, wie es um uns Menschen steht.
Gott spricht ganz anders über die Welt und über uns Menschen als jener atheistische Dichter. Die Welt ist als gute Welt aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen. Auf der ersten Seite der Hl. Schrift heißt es im Bericht über die Schöpfung der Welt sechsmal: „Gott sah, dass es gut war.“ Am Ende des Schöpfungsberichtes wird dies sogar mit Nachdruck gesagt: „Gott sah alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“ (Gen 1,31).
Allerdings kam durch die Schuld der Menschen die Unordnung in die Welt. Die Hl. Schrift spricht von einem Fluch Gottes über die Erde (Gen 3,17). Doch hat Gott zugleich einen Hinweis auf die kommende Erlösung gegeben. So hat die Kirche von jeher die Worte an die Schlange, das Sinnbild des Teufels, des Verführers und Verderbers, gedeutet: „Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf“ (Gen 3,15). In der Frau und ihrem Nachwuchs hat die Kirche eine Anspielung auf Maria und Jesus gesehen. In einem der Hochgebete der hl. Messe reden wir Gott mit folgenden Worten an:
„Als der Mensch im Ungehorsam deine Freundschaft verlor und der Macht des Todes verfiel, hast du ihn dennoch nicht verlassen, sondern voll Erbarmen allen geholfen, dich zu suchen und zu finden. Immer wieder hast du den Menschen deinen Bund angeboten und sie durch die Propheten gelehrt, das Heil zu erwarten.“
Zu der von Gott festgesetzten Stunde ist der Erlöser gekommen, geboren aus Maria. Im selben Hoch­ gebet bekennt die Kirche: „So sehr hast du die Welt geliebt, heiliger Vater, dass du deinen eingeborenen Sohn als Retter gesandt hast, nachdem die Fülle der Zeiten gekommen war. Er ist Mensch geworden durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.“
Maria ist die Erste von uns Menschen, der die Erlösung in ihrer ganzen Fülle zuteil geworden ist. In ihr zeigt uns Gott in besonderer Schönheit, was er mit uns allen vorhat. Sie ist mit Leib und Seele in die Herrlichkeit Gottes aufgenommen worden. Der Weg zu diesem unserem gemeinsamen Ziel führte sie durch großes Leid, aber es war kein „unnützes Leiden“.
Im Ja, das Gott zu Maria gesprochen hat, hat er zur Welt und zu uns allen ja gesagt. Dieses Ja wird in seiner ganzen Wirklichkeit am Ende der Tage in der Vollendung der gegenwärtigen Welt offenbar werden. Schon jetzt treffen die Strahlen der Güte Gottes diese Erde und uns Menschen, zuweilen nach langem Beten, manchmal auf überraschende Weise. Davon zeugen die vielen Votivtafeln an den Marienwallfahrtsorten. Wir lesen dort oft: Gott hat durch Maria geholfen. Hinter solchen Worten steht die Erfahrung von vielen Menschen, dass unsere Welt nicht ein gottverlassenes, bankrottes Unternehmen ist und dass unser Leben, unser Beten und Leiden nicht unnütz sind, sondern vor Gott wohl ihren Sinn haben. Man nennt das Fest der Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel den großen Frauentag. Das besagt zunächst: Es ist der große Ehrentag Mariens. Mit Recht dehnen wir den Sinn des Wortes aus: Es ist der Tag, der im besonderen unseren Frauen und Müttern neuen Mut geben will. Ihr ganzer Dienst im Alltag ist dem Leben gewidmet. Diejenigen, die wie jener Dichter nicht glauben. sehen keinen Sinn im Dienst am Leben. Sie halten ihn für sinn- und verantwortungslos. Eine gläubige Frau und Mutter muss aber anders denken. Sie weiß und ist gerade in schweren Stunden davon überzeugt das ihr Dienst am Leben nicht umsonst sein kann. Sie weiß auch das wir nicht allein und uns selbst überlassen sind, denn Gott führt uns, wenn auch oft geheimnisvoll. Er will uns auch durch die Hand Mariens führen. Ergreifen wir dankbar diese Hand, und sie lässt uns nicht mehr los.

Quelle: Der Fels August/September 2010.
  
Wie die Mutter Jesu, im Himmel schon mit Leib und Seele verherrlicht, Bild und Anfang der in der kommenden Welt zu vollendenden Kirche ist, so leuchtet sie auch hier auf Erden in der Zwischenzeit bis zur Ankunft des Tages des Herrn (vgl. 2 Petr 3,10) als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes dem wandernden Gottesvolk voran.
Zweites Vatikanisches Konzil; Dogm. Konstitution über die Kirche, Nr. 68

Bild: Aus dem Kalender „Britain needs Fatima“ - August 2013

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