Im Evangelium richtet Maria zugunsten von Freunden, die in Verlegenheit
sind, eine Bitte an ihren Sohn.
Auf den ersten Blick kann dies als ein ganz menschliches Gespräch
zwischen Mutter und Sohn erscheinen, und ein Gespräch von tiefster
Menschlichkeit ist es ja auch. Aber Maria redet Jesus doch nicht einfach als
einen Menschen an, auf dessen Phantasie und Hilfsbereitschaft sie etwa bauen
würde. Sie vertraut menschliche Not
seiner Macht an – einer Macht, die über menschliches Können und Vermögen
hinausgeht.
Und so sehen wir sie im Gespräch mit Jesus doch als bittende, als
fürbittende Mutter. Es lohnt sich, in dieses Evangelium tiefer hineinzuhören:
Um Jesus und Maria besser zu verstehen, aber gerade auch, um von Maria das
rechte Beten zu erlernen. Maria richtet keine eigentliche Bitte an Jesus: sie
sagt ihm nur: „Sie haben keinen Wein mehr (Joh. 2,3) Hochzeiten im Heiligen
Land dauerten eine ganze Woche lang: das ganze Dorf war beteiligt, und so
wurden große Mengen Weines gebraucht. Nun sind die Brautleute in Verlegenheit,
und Maria sagt es Jesus ganz einfach. Sie bittet nicht um etwas Bestimmtes,
schon gar nicht darum, dass Jesus seine Macht ausübe, ein Mirakel wirkte. Wein
produziere. Sie vertraut Jesus nur einfach die Sache an und überlässt es ihm, was er darauf hin
tut. So sehen wir in den einfachen Worten der Mutter Jesu zweierlei: Einerseits
ihre liebevolle Fürsorge für die Menschen. Ihre mütterliche Wachheit, mit der
sie die Bedrängnis der anderen wahrnimmt: wir sehen ihre herzliche Güte und
ihre Hilfsbereitschaft. Zu dieser Mutter pilgern die Menschen seit Generationen
hier nach Altötting.
Ihr Vertrauen wir unsere Sorgen, Nöte und Bedrängnisse an. Die helfende
Güte der Mutter, der wir uns anvertrauen – hier sehen wir sie zum ersten Mal in
der Heiligen Schrift. Aber zu diesem ersten und uns allen vertrauten Aspekt
kommt noch ein zweiter, den wir leicht übersehen: Maria überlässt alles dem
Herrn. Sie hat in Nazareth ihren Willen in Gottes Willen hineingegeben:
„Siehe, ich bin die Magd des Herrn.
Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk.
1,38)
Das ist ihre bleibende Grundhaltung. Und so lehre sie uns beten.
- Papst Benedikt XVI. in der Gnadenkapelle in
Altötting, 11. September 2006
Quelle: Maria – Papst Benedikt über die Gottesmutter – Sankt Ulrich
Verlag GmbH
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