Es
wird immer ein Ruhmestitel der katholischen Kirche bleiben, dass sie an dem
göttlichen Grundsatz der Unauflösbarkeit der gültig geschlossenen und
vollzogenen Ehe unter Getauften niemals hat rütteln lassen.
Unbeugsamen Mutes
hat sie dieses Gottesgebot auch den Großen und Mächtigen dieser Erde gegenüber
verteidigt. Zu allen Jahrhunderten! Die Tatsachen sollen sprechen!
König
Lothar II. von Lothringen begehrte die Auflösung seiner Ehe mit Theutberga, um
die Mätresse Waldroda heiraten zu können. Papst Nikolaus I. (858-867)
widersetzte sich diesem Verlangen und ließ sich auch nicht durch die gegen ihn
ins Feld geführte Waffengewalt einschüchtern. Sein Nachfolger, Papst Hadrian II.
(867-872) beharrte auf demselben Standpunkt.
König
Philipp I. von Frankreich (1060-1108) wurde zweimal vom Papste mit der
Exkommunikation belegt, weil er seine rechtmäßige Gattin Bertha verstoßen und
Bertroda, die Frau des Grafen Fulco von Anjou, widerrechtlich geheiratet hatte.
Der
kraftvolle Papst Innozenz III. (1198-1216) belegte den König Philipp August von
Frankreich mit Bann und verhängte über Frankreich das Interdikt, weil dieser
seine rechtmäßige Gemahlin Ingeborg verstoßen und eine unerlaubte Verbindung
mit Agnes von Meran eingegangen hatte. Derselbe Papst schützte die
Unauflöslichkeit der Ehe gegen König Alfons IX. von Leon.
Papst Clemens VII. |
Vom
Dämon der Sinnlichkeit gefangengenommen — sechs Frauen hintereinander „ehelichte“
der grausame König, von denen er zwei aufs Schafott schickte! —, verlangte Heinrich
VIII. von England vom Papst die Scheidung seiner rechtmäßigen Ehe mit Katharina
von Aragonien, um das Hoffräulein Anna Boleyn heiraten zu können. Der 23. März
1534 ist der ewig denkwürdige Tag, an dem Papst Klemens VII. dem Ehebrecher auf
dem Königsthron das freimütige „Es ist dir nicht erlaubt!“ entgegenrief.
Blutenden Herzens mußte der Apostolische Stuhl es mit ansehen, wie durch diese
grundsätzliche Festigkeit der englische König Veranlassung nahm, ganz England
für Jahrhunderte von der katholischen Mutterkirche loszureißen. Aber der
Stellvertreter Christi konnte nicht gegen sein Gewissen handeln, und die wahre
Sittlichkeit baut sich nicht auf Nützlichkeitserwägungen, sondern auf den
ewigen Gesetzen des allmächtigen Gottes auf.
Auch
die Geschichte der Familie des Franzosenkaisers Napoleon I. sieht zweimal den
Papst auf treuer Wacht gegenüber despotischen Ehebegehren. So verlangte
Napoleon Bonaparte, dass die Ehe seines Bruders Jérome, die dieser mit der
protestantischen Miss Patterson 1803 in Nordamerika gültig geschlossen hatte,
vom Papste aufgelöst werde. Papst Pius VII. (1800-1823) weigerte sich
standhaft, diesem Verlangen nachzukommen; er mußte seine Grundsatztreue und
seinen Widerstand gegen noch weitere Willkürakte des gewalttätigen Korsen damit
bezahlen, dass Napoleon ihn in der Nacht vom 5. auf 6. Juli 1809 im Quirinal
verhaften und nahezu fünf Jahre lang in Frankreich als Gefangenen
herumschleppen ließ. Just um dieselbe Zeit trug sich Napoleon mit dem Gedanken,
sich von seiner eigenen rechtmäßigen Gattin, der Witwe Beauharnais, geborene Josefine
Tascher, scheiden zu lassen, um eine neue Ehe mit der Erzherzogin Maria Luise
von Österreich eingehen zu können, die ihm einen Thronerben schenken sollte. Da
er nicht hoffen konnte, bei dem Papste für sein Begehren williges Gehör zu
finden, wandte er sich an das Pariser Metropolitangericht; dieses,
eingeschüchtert durch den kaiserlichen Herrscher, zeigte sich als gefügiges
Werkzeug und sprach die Ungültigkeitserklärung der ersten Ehe aus. Aber sein
Urteil war null und nichtig, da nach kirchlichem Rechte die Entscheidung über
Eheangelegenheiten fürstlicher und regierender Persönlichkeiten einzig und
allein dem Papste zusteht. Gerade hier zeigte sich mit aller Deutlichkeit die
Berechtigung und tiefe Weisheit der kirchenrechtlichen Sonderbestimmung: Wenn
regierende Persönlichkeiten ihren ausschließlichen Gerichtsstand beim Papste
haben, dann ist das wohl eine auszeichnende Ehrung dieser Persönlichkeiten,
aber ebenso gut auch ein mächtiger Schutz gegen alle Versuche zur Verfälschung
und Umbiegung des Rechtes; denn der souveräne Apostolische Stuhl ist viel
besser gegen physischen und moralischen Druck und Zwang gesichert als die
Mitglieder eines geistlichen Gerichtes, die doch auch gleichzeitig Untertanen
des Klage erhebenden Herrschers sind. Am 2. April 1810 ließ sich Napoleon zu
seiner neuen Ehe den Segen geben, der — unerlaubt und ungültig — von der
schwachen Pariser Kurie gewährt wurde. Gewiß ist es sehr bedauerlich, wenn die
Pariser kirchliche Behörde — wenn auch aus leicht erratbaren Gründen — zu
dieser Nachgiebigkeit und zu feigem Zurückweichen vor weltlichen Drohungen sich
herabgelassen hat; aber es wird deshalb doch keinem vernünftigen Menschen
einfallen, diesen Fehler dem Papste oder der ganzen Kirche zur Last legen zu
wollen. 13 Kardinäle, die zur Trauung eingeladen waren, weigerten sich zu
erscheinen, um sich nicht an einer offenbaren sündhaften Ungerechtigkeit
mitschuldig zu machen. Sie traf der besondere Zorn des Franzosenkaisers: Sie
mußten den Kardinalspurpur ablegen — man sprach von ihnen in der Folgezeit als
von den „schwarzen Kardinälen“ —, Paris verlassen, auf ihr Einkommen Verzicht
leisten und wurden zu je zweien in verschiedene Städte Frankreichs verwiesen.
Als
Papst Pius VII. am 24. Mai 1814 wieder seinen feierlichen Einzug in Rom hielt,
stellte ihm sein Gewissen das ehrenvolle Zeugnis aus, dass er auch der Tyrannei
Napoleons gegenüber nichts preisgegeben hatte von den Ehegesetzen der Kirche —
Alphons Maria Rathgeber „Kirche und Leben“ „in Buch von
der Schönheit und Segenskraft der Kirche. Verlag Albert Pröpster, Kempten im
Allgäu 1956. S. 147-149
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