In
den Schriften der Dichterin Ida Gräfin Hahn-Hahn finden sich schöne Worte über die
Unauflöslichkeit der Ehe:
Das
Menschenherz ist ein solcher Abgrund von Unruhe, von Beweglichkeit, von
Flattersinn, es birgt einen so unermesslichen Geist des Widerspruchs in sich, dass
ihm morgen lästig sein wird, was es heute geliebt — morgen unerträglich, was es
heute errungen — und übermorgen wieder unschätzbar, was es tags zuvor verworfen
oder verloren hat. Und überdies liegt in der Natur des ehelichen Verhältnisses
ein so starker Zwang zur Selbstverleugnung beider Gatten, indem ihre Charaktere
sich ineinanderschmiegen, ihr Wille sich zusammenfinden, ihre ganze
Eigentümlichkeit sich harmonisieren soll, dass es ohne gründliche Anstrengung,
Kämpfe und Arbeit gar nicht abgehen kann. Wie wird das unruhige, flatterhafte
Herz sich einer so mühseligen Anstrengung unterziehen, wenn es weiß, dass sie von ihm genommen werden kann und
wenn es sich jung, unerfahrene leichtsinnig, leidenschaftlich wie es ist -
einbildet, in einer anderen Ehe würde alles ganz anders sein. Wie leicht
täuscht es sich über seine wahren Bedürfnisse, nennt dasjenige notwendig,
wodurch es augenblicklich verzaubert wird, und das eine unerträgliche Bürde,
wodurch es nach einer Seite hin erstarken soll, die von Natur in ihm schwach
ist ...
Das
Prinzip der unauflöslichen Ehe ist, zwei Menschen durch ihr gemeinsames
leibliches und seelisches Leben zu Dienern Gottes zu machen, welche nach seinem
Willen und seiner Anordnung die Erde mit einträchtiger Liebe und mit neuen
Menschen — den Himmel mit Seelen schmücken sollen: — und dies ist erhaben und
lieblich. Das Prinzip der auflösbaren Ehe ist: zwei Menschen miteinander zu
verbinden, solange sie es für gut finden: — und dies ist gemein, weil dadurch
niedrige Leidenschaften zu Richtern in eigener Sache erhoben werden.
Kein
Mensch legt einen großen Wert auf das, was er nur für eine Zeitlang sein eigen
nennt; er geht rücksichtslos damit um, er verfährt damit nach Lust und Laune,
er behandelt es nach Gutdünken, nach Willkür, wie sein augenblicklicher Vorteil
es verlangt; es kann ihm gar nicht einfallen, sich auf die Dauer und mit
Sicherheit darin einzurichten; — das kann man bei tausend irdischen Dingen
sehen. Niemand wendet auf ein gepachtetes Landgut den hundertsten Teil der
Sorgfalt und Pflege, der Verschönerung und Liebe, den er an Erbgut wendet, von
dem er weiß, dass Kind und Kindeskind es besitzen werden. Niemand hängt an
einer Gasthofswohnung wie an dem eigenen, traulichen, heimischen Hause. Und
das, was bei untergeordneten Verhältnissen schon so mächtig einwirkt: die
Zuversicht zur Dauer derselben — sollte nicht auf höhere einen Einfluss haben?
Das heißt die menschliche Natur seltsam missverstehen! Um irdisches Gut und
Glück mit Gelassenheit und ohne Überreizung zu würdigen, brauchte sie die Gewissheit,
dass es ihr fürs Leben verliehen sei, dass fremde Launen und Einfälle es ihr
nicht entreißen können? — und das ernste Glück, die mühselig errungenen Güter
der Ehe dürften dem verheerenden Sturme der Leidenschaften bis zur Vernichtung
und völligen Aufhebung ausgesetzt sein?
Bei
aufgelösten Ehen — welch eine Pein für die Kinder! Welche Unsicherheit und
Schwankung für die jungen Herzen, die in ihren Empfindungen hin- und
hergezerrt, nicht wissen, wohin sie mit ihrer Liebe und Verehrung sich wenden
sollen! Die des wohltätigen Eindrucks des Friedens und der Eintracht beraubt,
vielleicht fürs ganze Leben den der Verwirrung, der Zerrissenheit im
Hintergrund ihrer Seele mit sich herumtragen! Die ein gemeinsames Walten und
Wirken der Eltern nur vom Hörensagen kennen und in deren Erziehung immer ein
Mangel an Gleichgewicht sich fühlbar machen wird, wie er natürlich aus dem
Mangel an väterlicher oder mütterlicher Liebe und Sorge hervorgehen muss. Gerade
dieses Gleichgewicht kann nur das einmütige Wirken von Vater und Mutter
bewerkstelligen. Die Ausgleichung von deren beiderseitigen Charakteren umfängt
die jungen Seelen wie eine harmonische Musik und gibt ihnen früh die Liebe und
die Gewohnheit der Einmütigkeit und der Friedlichkeit — während sie, bei dem
Vater allein oder bei der Mutter allein, immer schmerzlich von diesem Misston
des Alleinseins berührt werden müssen.
Mittlerweile gibt es das zur „Feier“ einer Scheidung... |
Nicht
auf den Gefühlen, die wechselvoll und launenhaft sind, beruht die Einheit, die in
der Ehe das Glück verbürgt und festhält. Diese Einheit bedarf eines anderen,
eines unerschütterlichen Prinzips, eines solchen, das aus der göttlichen
Offenbarung hervorgeht einen gemeinsamen, übernatürlichen Glauben, in dessen
Licht die höchsten Fragen, welche die Menschenseele bewegen, ihre Lösung ...
oder wenigstens ihre Entscheidung finden.
Die
Stellvertreterin Gottes hienieden, die heilige Kirche, betrachtet die Ehe nicht
als Idylle, nicht als ein Fest der Herzen, sondern als eine heilige, unauflösliche
Verbindung, bei der im Vordergrund die Übernahme strenger Verpflichtungen und
schwerer Last, im Hintergrund das ernste und unter Tränen lächelnde Glück
steht, welches durch herbe Kämpfe und vielfache Selbstverleugnung gegangen ist.
Darum gibt sie der Ehe den Gnadenbeistand des Sakramentes, und unter diesem
Schutz, mit dieser Weihe und dieser Hilfe ist es denn möglich, dass zwei
Menschen sich mit dem Willen fortlieben, auch nachdem die Leidenschaft verrauscht
und die Neigung verblüht ist.
„Die Ehe ist kein reiner Privatvertrag,
wie man eine Sommervilla mietet und wieder kündigt. Gott hat den Vertrag am
Altar mitunterzeichnet, und er spricht: „Ich nehme meine Unterschrift nicht
zurück!“ (Kardinal Faulhaber).
Alphons Maria Rathgeber
„Kirche und Leben - ein Buch von der Schönheit und Segenskraft der Kirche“.
Verlag Albert Pröpster, Kempten im Allgäu 1956. S. 149-150
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