21.10.2018

Sind Opfer noch modern?





Liebe ohne Opfer?
Die Wohlstandsgesellschaft von heute ist weitgehend unfähig geworden zum Opfer; aber gerade dadurch wird sie unfähig zur Liebe. Zum Wesen der Liebe gehört nämlich das Opfer; mindestens solange wir in dieser noch nicht erlösten Welt leben.
Das Wort  „Opfer“ stammt aus dem Lateinischen; es bedeutet „Hingabe“. Darin besteht aber das Wesen der Liebe, dass wir uns an den anderen „hingeben“ und dadurch zur Gemeinschaft mit ihm finden. Liebe und Opfer besagen also im wesentlichen dasselbe.

Das „Opfer“ Gottes
Selbst für Gott war seine Hingabe an uns Menschen schmerzlich; seine Liebe wurde daher zum „Opfer“. Er liebte uns Menschen so sehr, dass er zu uns kam, obwohl er wusste, wie es ihm bei den Menschen ergehen würde: Sie werden ihn misshandeln, anspeien, schlagen, geisseln, verhören und schließlich ans Kreuz schlagen: „Die Seinen nahmen ihn nicht auf.“

Unser Opfer an Gott
Aber auch uns heutigen Menschen fällt die Hingabe an Gott schwer.  Auch uns wird diese Liebe zu Gott schmerzlich. Jede echte Unterwerfung unter Gott fordert ja viel von uns: die Beherrschung unserer Leidenschaften, die Überwindung all der inneren Trägheit zum Guten. Mit einem Wort: Der egoistische Mensch in uns muss „sterben“. Dieser ständige Kampf zwischen dem selbstherrlichen Egoisten in uns und dem Gott gehorsamen Menschen ist wahrlich das härteste „Opfer“, das wir zu bringen haben. An diesem Kampf, an diesem Opfer, an dieser Selbstbeherrschung und Selbstüberwindung liest Gott wahrlich das Maß unserer Liebe und Hingabe an ihn ab. - Zum Wesen der Hingabe an Gott gehört das „Opfer“. Wer es verweigert oder aus seinem Leben ausschalten will, wird nie zur wahren Hingabe an Gott gelangen.

Unser Opfer an die Menschen
Ebenso schmerzlich ist für uns die Hingabe an die Menschen. Auch diese Liebe wird mit innerer Notwendigkeit zum „Opfer“. Erstens verlangt jede Hingabe an Menschen von uns eine Preisgabe des eigenen Egoismus: Menschen kosten uns Zeit, Geld usw. Zweitens fordert jede Gemeinschaft mit anderen Menschen von uns viel Geduld. Denn alle Menschen haben auch schlechte Eigenschaften: sie reizen uns zum Zorn, nörgeln an uns herum, kritisieren; sie brauchen etwas von uns und sind dann doch undankbar; sie sind oft unehrlich, feil und Verräter . . . Es braucht viel Selbstbeherrschung, Rücksicht und Selbstüberwindung, die Menschen trotz ihrer schlechten Eigenschaften zu lieben. Nur wer zum Opfer bereit ist, kann die Menschen lieben: „Liebt eure Feinde“.

Freiwillige Opfer
Gott legt uns manches Kreuz auf und fragt uns nicht, ob wir es wollen oder nicht: Leid, Mißerfolge, Sorgen, Verleumdungen, menschliches Versagen, den Kampf gegen die Versuchungen, den Kampf gegen den eigenen Egoismus usw. Hier erwartet Gott, dass wir diese Opfer treu und in Geduld tragen und ertragen. Er erwartet, dass wir auf seine Vatergüte und auf die Erzieherweisheit Gottes vertrauen.
Aber die Bibel spricht auch von freiwilligen Opfern, die sie uns Christen anrät. Diese freiwilligen Opfer sollen Ausdruck unserer Liebe sein: oder auch Training, Übung unserer Hingabe an Gott. Die Bibel spricht hier vor allem vom Beten, „Fasten“ und „Almosengeben“.
Das Gebet ist ohne zweifel Ausdruck der Liebe zu Gott; aber es kostet meist doch Überwindung, Freizeit und Mühe und ist daher unter diesen Umständen echtes „Opfer“, schmerzlich gewordene Liebe zu Gott.
Unter „Fasten“ versteht die Bibel den Verzicht auf Dinge, die uns Freude bereiten können. Christus ermuntert uns zum gelegentlichen freiwilligen Verzicht, zum „Fasten“.Dieses freiwillige Fasten macht uns nämlich stark gegen alle Versuchungen der Welt; wir werden dann ihrem verlockenden Vergnügungsangebot besser widerstehen  können.
Es ist also ein sinnvolles Opfer, gelegentlich freiwillig zu verzichten auf Vergnügungen, Fernsehen, Kino, Tanz, Zeitung, Essen oder Trinken, Unterhaltung oder Geselligkeit und dergleichen mehr. Dadurch werden wir es lernen, uns zu beherrschen und unseren Trieben nicht blindlings hörig zu werden. Dann werden wir besser imstande sein, den Wünschen Gottes zu gehorchen. Das freiwillige „Fasten“ ist ein tiefreligiöser Ausdruck echter Hingabe an Gott; allerdings eine schmerzliche Hingabe, ein „Opfer“.

Liebst Du Gott?
Ohne Opfer gibt es keine Liebe in dieser Welt. Je mehr Du Dich zum Opfer bereit findest, um so mehr wächst die Liebe in Dir. Jedes Opfer, das Dir gelungen ist, hat Deine Liebe gestärkt. Die Größe Deines Opfers ist zugleich die Größe Deiner Liebe.
Hast Du zu den wesentliche Opfern, die Gott uns nie abnimmt, schon Dein Ja gesagt? Dein Ja zur Unterwerfung unter Gott, zum Gehorsam gegen Gott? Zur Beherrschung Deiner Leidenschaften? Zur Überwindung Deines Egoismus? Ohne Opfer an Gott gibt es keine Hingabe an ihn, keine Gemeinschaft mit ihm, kein Interesse für ihn; keine Zeit für Gott, kein Gebet, keine Liebe. Ob Du Gott liebst? Deine Bereitschaft zum Opfer wird es erweisen.

Quelle: Die 10 Gebote Gottes – Dr. Herbert Madinger – Auflage 1992 – Erzdiözese Wien – Katholische Glaubensinformation

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