13.07.2013

Wer eine Kirche betritt...

Wer eine Kirche betritt, spürt intuitiv: das ist ein geheiligter Raum, ausgesondert aus der Unruhe und Betriebsamkeit der Straßen, den Zwecken von Kommerz und Konsum entzogen, geheiligt vielmehr, zunächst durch die Konsekration, geheiligt aber auch durch die vielen Beter, die hier verweilt haben, bittend, dankend, klagend, lobend. Geheiligt durch unzählige Taufen, zahllose Beichten, Trauungen, Firmungen, geheiligt durch Volksmissionen, Andachten, Prozessionen, Stillmessen und feierliche Hochämter. Wer einen solchen Raum betritt, spürt, wie die Steine und Bilder all diese Gebete über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg in sich quasi aufgesogen haben und zugleich als Gebetsatmosphäre wieder ausströmen. Wer einen solchen Raum betritt, spürt: Ich stehe nicht allein vor Gott, vor mir hat schon eine unermessliche Schar von Betern vor Gott gestanden und gekniet, ich trete ein in einen Raum des Gebetes, der mir vorgegeben ist, der mich umschließt und umfängt, mein persönliches Beten trägt und begleitet.
Michael Fiedrowicz

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